Kiel – Eine Kultur, die
alte mittelsteinzeitliche Relikte und neue jungsteinzeitliche Elemente
vereinte, steht im Mittelpunkt des Taschenbuches „Die
Ertebölle-Ellerbek-Kultur“ des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst.
Diese nach dem dänischen Fundort Ertebölle im Limfjord bei Aalborg und der
deutschen Fundstelle Kiel-Ellerbeck auf dem Ostufer der Kieler Förde bezeichnete
Kultur war zwischen etwa 5.000 und 4.300 v. Chr. in Schleswig-Holstein,
Mecklenburg, im nördlichen Niedersachsen, in Dänemark und in Südschweden
heimisch. Den Begriff
Ertebölle-Ellerbek-Kultur hat 1958 der Prähistoriker Hermann Schwabedissen (1911–1994)
eingeführt.
Bereits vor mehr als
einem Jahrhundert stieß man am Limfjord auf die Siedlungsspuren des
namengebenden dänischen Fundortes Ertebölle. Dabei handelt es sich um einen 140
Meter langen, 30 bis 40 Meter breiten und bis zu 1,50 Meter hohen aus Muschel-
und Schneckenschalen bestehenden Haufen, der von 1893 bis 1897 bei Ausgrabungen
des „Nationalmuseums Kopenhagen“ untersucht wurde. Weitere Untersuchungen
erfolgten von 1979 bis 1984. Der Muschelhaufen enthielt neben unzähligen
Speiseresten reiche Hinterlassenschaften der Ertebölle-Ellerbek-Kultur. Solche
Küchenabfallhaufen (dänisch: Kjokkenmoddinger) waren innerhalb der
Ertebölle-Ellerbek-Kultur eine Sondererscheinung an den Küsten Jütlands und
Seelands. An der schleswig-holsteinischen Ostseeküste konnte man keine
derartigen Muschelhaufen nachweisen.
Der namengebende deutsche
Fundort Ellerbek an der Kieler Förde, der heute vom Wasser der Ostsee bedeckt
ist, befand sich einst im küstennahen Binnenland. Auf ihn wurde man bei
Baggerungen von 1876 bis 1903 für die Reichskriegsmarine aufmerksam, als
urtümliche Tongefäße sowie Geräte aus Knochen und Geweih zum Vorschein kamen.
Bei der
Ertebölle-Ellerbek-Kultur spielten die Jagd, der Fischfang und das Sammeln noch
wie in der vorhergehenden Mittelsteinzeit eine tragende Rolle. Dagegen empfand
man die Neuerungen Ackerbau und Viehzucht der Jungsteinzeit nicht als so
wichtig wie bei gleichzeitigen bäuerlichen Kulturen. Aber Töpferei und
Sesshaftigkeit, die ebenfalls Kennzeichen der Jungsteinzeit sind, gab es
bereits. Frauen waren teilweise reich mit Zähnen vom Hirsch oder Wildschwein
geschmückt. Funde von Einbäumen und Paddeln zeugen von zunehmender Schifffahrt
auf der Ostsee. Über die Religion der Ertebölle-Ellerbek-Leute weiß man noch
wenig.